Neutralität & Waffenhandel
„Neutralität und Waffenhandel“
Stefan Oeter
Beiträge zum ausländischen und öffentlichen Recht und Völkerrecht, Band 103
Springer Verlag, Heidelberg
ISBN-13: 978-3-642-77273-3
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Auszüge:
Kapitel 1: Einleitung, Wurzeln, Ursprünge, Neutralitätsverträge, Aufklärung
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Lieferstaaten: 1te Welt: USA, Frankreich, Großbritannien, BRD/DDR, Italien; NEUTRALE: Schweden, Schweiz, Österreich; 3.te Welt: Brasilien, Israel;
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Staatenverantwortung
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Privater Handel mit Waffen und Rüstungsgütern
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Neutralitas
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1780: Seekrieg u. Neutralität
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„Aufklärung“-„Geburt“ der institutionellen Neutralität
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Neutralität als Untersuchungsobjekt (Philosophie, vergl. Rechtswissenschaften)
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Neutrale Position als individuelles u. gesellschaftliches Verhaltensmuster
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Lehensrecht: Doppelvasallität, Einung (Freundschaft-/Bündnisverträge im heutigen Verständnis)
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Neutralität: Schutz von Nicht-Kriegsbeteiligter
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Neutralität: Stillsitzen/Ausharren, Unparteiigkeit (Nicht-Parteinahme)
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Bsp. Von Drittmächten garantierter Neutralität: Fürstbistum Lüttich (1492), Freigrafenschaft Burgund (1522)
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Konventionelle Neutralität
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Allgemeine Neutralität („neutralité générale“)
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Besondere Neutralität („neutralité particuliére“)
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Differentielle Neutralität
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„Europäische Neutralitätsliga“ unter der Führung Russlands, Dänemarks u. Schweden zur Zeit des sog. „amerikanischen Unabhängigkeitskrieges“ – bewaffnete Neutralität von 1780: Präzedenzfall f. d. Herausbildung der institutionellen Neutralität (Katharina II. von Russland)
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Der britisch-französische Konflikt der Revolutionsjahre 1792ff., stellte –vor allem- die junge Republik der Vereinigten Staaten von Amerika vor erhebliche Schwierigkeiten: Nicht durch Neutralitätsverträge abgesichert, sah die amerikanische Bundesregierung keine andere Wahl, als auf das Instrumentarium der „institutionellen Neutralität“ zurückzugreifen und beide Seiten mit einer strikten Gleichbehandlung zu unterwerfen, um so „Schwierigkeiten“ mit der Seemacht Großbritannien möglichst (tunlichst) zu vermeiden. Selbst den Vorwurf, die Beistandsverpflichtungen des amerikanisch-französischen Freundschaftsvertrag von 1778 zu verletzen, indem der strikten Neutralitätslinie Vorrang vor den „besonderen“ Neutralitätspflichten eingeräumt wurde, nahmen Washington und Jefferson dabei in Kauf, und verhalfen so der „modernen“ Konzeption der Neutralität zum Durchbruch
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Kapitel 2: Gewohnheitsrechtliche Verfestigung, Naturrechtliche Begründung
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Politische-/diplomatisch-/kaiserliche Absichstserklärungen (Willensbekundung/-Äußerung)
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Heute: Grundsatzdiskussion: Möglichkeit der erw. Neutralitätserklärung durch das Volk/die Bevölkerung
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Siegeszug der rationalistischen Vernunftsidee
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Neutralität: Fortsetzung des Friedenszustands
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Neutralität: Fernbleiben von Konflikten u. Kriegen – Recht des Volkes (der Völker) auf die Freiheit vom Kriege
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Neutralität: unparteiliche Behandlung der Konflikt-/Kriegsparteien
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Permanente Neutralität: für alle zukünftige Kriege
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Neutralisierte/Neutrale:
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Unmittelbares Verbot der Bereitstellung von Hilfstruppen
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Unmittelbares Verbot der Lieferung von Waffen und sonstigen Kriegsmaterialien
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Unmittelbare Verhinderungspflicht: Lieferungen von Waffen und sonstigen Kriegsmaterialien seitens der Untertanen (heute: Volk, Bürger)
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Zeitweise stand es den Bürgern frei, Waffen und sonstige Kriegsmaterialen an Kriegsführende zu liefern;
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beschränkte (differenziertes) Verbot der Lieferung von Waffen und sonstigen Kriegsmaterial durch Private
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Konterbande + Recht der Beschlagnahme
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Strikte Gleichbehandlungspflicht – „unterschiedliche“ Auffassungen
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Erlaubnis von Waffenlieferungen an Kriegsführende
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Verbot von Waffenlieferungen an Kriegsführende
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Handlungs- u. Unterlassungspflichten von Republiken (Staaten)
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Pariser Seerechtsdeklaration + Neutralität / Neutrale
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Britannien „Costums Consolidation Act“: generelles Verbot von Waffenausfuhren (1853)
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Frankreich „la fabrication et le commerce des armes de guerre“: auf bestimmte Bestimmungsländer beschränktes Verbot; einschl. Kontrollsystem (1860)
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Politik der Waffenausfuhrverbote: Belgien und Schweiz zur Zeit des deutsch-französischen Krieges (1870/71)
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Problematik der Ausrüstung von Kriegsschiffen in Neutralen Häfen (Schiedsfall: Kriegsschiff „Alabama“ – Washingtoner Abkommen von 1871)
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Neutralität sei die -juristische- Situation, in der eine friedliche Republik (ein friedlicher Staat), soweit wie möglich außerhalb von Feindseligkeiten belassen wird, die zwischen Kriegsführenden stattfinden und in der sie (er) sich selbst, jeder Teilnahme oder Einmischung in ihren Streit enthält, indem sie (er) ihnen gegenüber eine strikte Unparteilichkeit beobachtet. Jede Republik (jeder Staat), die (der) in einer solchen Situation außerhalb eines Kriegszustandes bleibt, ist neutral.
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Alexis de Tocqueville: „Die -französische- Revolution hat auf einmal, durch eine krampfhafte und schmerzliche Anstrengung, ohne Übergang, ohne Warnung und schonungslos vollbracht, was sich nach und nach von selbst erbracht haben würde. Wie radikal auch die Revolution gewesen sein mag, so hat sie doch weit weniger Neuerungen gebracht, als man gewöhnlich annimmt.“
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Kapitel 3: Kodifizierungsversuche „Haager Konferenz“, Begriff der Feindseligkeit, Neutralität im Land- u. Seekrieg
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„ein Element der Schöpfung“
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Haager Friedenskonferenzen 1899 + 1907
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Londoner Seerechtsdeklaration (26.02.1909)
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Konvention V: Rechte u. Pflichten der Neutralen (Mächte u. Personen) im Falle eines Landkrieges
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Konvention XIII: Rechte u. Pflichten der Neutralen im Falle eines Seekrieges
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Territoriale Neutralität
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„erweiterte“ Territoriale Neutralität: personifizierte-/personenbezogene Neutralität (Staatsbürger im Ausland);
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Schutz von Bürgern Neutraler vor den Auswirkungen des Krieges/des Konfliktes
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nicht angenommener 9.ter Abschnitt der Konvention der Haager Landkriegsordnung:
„du traitement des personnes neutres dans les territoires des Parties belligérantes“
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„Eine Neutrale Republik (Ein Neutraler Staat) ist grundsätzlich nicht verpflichtet, die zugunsten des einen oder anderen Kriegsführenden erfolgreiche Ausfuhr oder Beförderung von Waffen, Munition oder überhaupt von allem, was für ein Heer oder eine Flotte nützlich sein kann, zu verbieten.“
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Gleichbehandlungsgrundsatz: „Jede Einschränkung oder Verbotsmaßnahme, die von der Neutralen Republik (dem Neutralen Staat) getroffen wird, muss unparteiisch auf beide Kriegsführende angewendet werden.“
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Englischer Entwurf: Verbot der staatlichen Lieferungen von Kriegsschiffen, Munition oder anderem Kriegsmaterial sowie zur Verhinderung des Baus von Kriegsschiffen für Kriegsführende auf Neutralen Werften“
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Seekriegsrechtliche Neutralität u. Seemineneinsatz (bzw. heute unbemannte unterwasser-Kampfdrohnen)
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Hilfskreuzer-Frage: Verkauf (Bereitstellung) von mit staatlichen Subventionen gebauten Handelsschiffen;
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„Genfer Konvention betreffend die Überwachung des internationalen Handels mit Waffen, Munition und Kriegsmaterial“ (1925): Staatliche Pflicht zur Überwachung des Rüstungsgüterhandels;
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Genehmigungsvorbehalte, Lizenzerfordernisse, Begünstigungsverbot gegenüber Kriegsführender;
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Grundprinzipien:
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Staatliche Lieferungen von Rüstungsgütern, seien siedirekt oder indirekt durch den neutralen Staat bewirkt, an Kriegsführende sind neutralitätsrechtlich unzulässig.
[Art. 6 des XIII. Haager Abkommen] -
Lieferung und Transport derartiger Rüstungsgüter durch private Rechtssubjekte, seien diese auch Staatsbürger Neutraler Republiken (Neutraler Staaten), ist neutralitätsrechtlich unbedenklich.
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Die Neutralen Republiken (Neutralen Staaten) sind auch nicht verpflichtet, derartige Geschäftstransaktionen zu verhindern oder zu beschränken.
[Art. 7 der beiden Haager Abkommen] -
Soweit eine Neutrale Republik (ein Neutraler Staat) derartige Transaktionen beschränkt oder verbietet, muss er dabei alle Kriegsführenden gleich behandeln.
[Art. 8 des V. Haager Abkommen] -
Einzig für die Lieferungen von Kriegsschiffen gelten insoweit die in der ersten Washingtoner Regel formulierten Sonderbestimmungen, die die Republik (den Staat) zwar nicht zur Verhinderung derartiger Lieferungen im Sinne einer Erfolgspflicht, aber zum Bemühen um eine Unterbindung derartiger Geschäfte verpflichten.
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Kapitel 4: Neutralität im Wandel; Völkerbund, Weltkrieg, UNO, „Krise der Neutralität“, Kriegsächtung, Totalitäre Wirtschaftskriege
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Erste Weltkrieg und die Krise der Neutralität / der Neutralen Republiken (Staaten, Eidgenossenschaften)
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U.S.-Debatte der Jahre 1915/16: Einführung eines vergleichbaren absoluten Waffenembargos;
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Menge und Endverwertung von Rüstungsgütern (Rüstungsexportkontrolle)
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Exportlizenzen
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Landcerts (Landzertifikate): Durchführrechte von Rüstungsgütern
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System der sog. „Schwarzen Listen“
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Privatrechtliche Überwachungsgesellschaft
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Briand-Kollegg-Pakt (1928): generelle und absolute Ächtung des Kriegs;
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Kriegsächtungspakt: Ausschluss des Krieges als Mittel der Politik; Verpflichtung der friedlichen (nicht-feindseligen / nicht-zerstörerischen) Streitbeilegung;
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Neutralitätspolitik: Politik der unterschiedslosen Distanz, der Unparteilichkeit (Nicht-Parteinahme) und der Gleichbehandlung;
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Neutralitätsdebatte des Völkerbundes im Zuge der Aufnahme der Eidgenossenschaft Schweiz in den Völkerbund; Frankreichs Sicht: Nicht-Vereinbar;
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Neutralität des Deutschen Reiches bez. des Russisch-Polnischen-Krieges (von 1920); Politik der strikten Neutralität;
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SIG – Ständig Internationaler Gerichtshof: Wimbledon Fall;
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Neutralitäts-Proklamation der Entente-Mächte bez. Des Griechisch-Türkischen Krieges (von 1921);
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Barcelona-Konferenz (1921) – Freiheit des Transits
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Sicherheitsbedürfnis im Geflecht der Neutralitätsverträgen – Nicht-Involvieren in Kriegen u. Konflikten
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Neutralitätserklärungen der Staaten / Republiken Argentinien, Chile, Brasilien, Peru, Uruguay und Venezuela währen des sog. „Chaco-Krieges“ von 1933 zwischen Bolivien und Paraguay;
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Panamerikanische Konvention „Convention on Maritime Neutrality“ (1928)
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Art. 22: Die Neutralen (Republiken / Staaten) sind nicht verpflichtet, die Ausfuhr oder Durchfuhr, auf Rechnung des einen oder anderen Kriegsführenden, von Waffen, Munition oder, im Allgemeinen, von allem was für ihre Streitkräfte nützlich sein könnte, zu verhindern. Siemüssen die Durchfuhr gestatten, wenn, soweit sich zwei amerikanische Nationen im Krieg befinden, der eine Kriegsführende ein Land ohne direkten Zugang zum Meer ist, der keine andere Möglichkeit der Versorgung hat und unter der Bedingung, dass die vitalen Interessen der Republik (des Staates), von dem die Durchfuhr verlangt wird, nicht betroffen sind.
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Kapitel 5: „Differentielle“ Neutralität, Nicht-Kriegsführung, kollektive Sicherheit, Völkerbund
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„Die radikale Vorstellung einer völligen Ächtung und Beseitigung der Neutralität wich auch bei den treuen Anhängern des Gedankens der kollektiven Sicherheit allmählich der Einsicht, Kriegsverbot und kollektive Sicherheit hätten das Institut der Neutralität nur umgeformt und nicht beseitigt.“
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„Das Beharren auf der Freiheit des Neutralen (Waffen-)Handels (selbst mir Kriegsführenden) und den Schifffahrtsrechten der Neutralen habe die U.S.A. erst in den Krieg verwickelt.“ (Weltkrieg Nr. 1)
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U.S.-Joint Resolution (1933): Recht des U.S.-Präsidenten, Waffenlieferungen, welche seitens des Senats „erlaubt“ wurden, zu verbieten/zu untersagen;
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U.S.-Neutralitätspolitik während des sog. „Chaco-Krieges“: unparteiisches Embargo (gegenüber allen Kriegsführenden); strikte Gleichbehandlungsgebot;
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Politischen „Kräfte“ in der Öffentlichkeit und im Kongress: strikte Neutralitätspolitik;
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U.S.-Neutrality Act von 1935: Unterwerfung der gesamten Waffen, Munition und Kriegsgütern (Rüstungsgütern), einem strengen Kontroll- und Lizenzsystems;
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U.S.-Cash- and carry-Klausel: Verbot des Waffentransport für Kriegsführende durch Neutrale;
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U.S.-Neutralitätsproklamation von 1937: auf unbestimmte Zeit;
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Nicht-Kriegsführung (engl. „non-belligerency“)als rechtliche-/politische „Alternative“ zur sog. Neutralität;
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„Budapest Articles of Interpretation of the Briand-Kellogg´s Pact von 1934 und die „Anerkennung“ der Politik der Nicht-Kriegsführung;
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Neutralität und Wirtschaftssanktionen;
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„non-belligrent interventionismus“;
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Neutralitätsproklamation von Spanien und Italien (bei Kriegsausbruch 1939) bei gleichzeitiger „Begünstigung“ des sog. „Deutschen-/Dritten Reiches“;
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ILA + Neutralität;
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„U.S.-destroyer-Deal“: Überlassung von U.S.-Kriegsschiffen an Großbritannien;
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„U.S.-Lend-Lease-Act“: Wechsel von Politik der Neutralität zur Politik der Parteilichkeit, welche die „Basis“ für den Kriegseintritt der USA vorbereitete;
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2.te Weltkrieg als „scheitern“ des klassischen Neutralitätsrechtes: „Der „jetzige“ Krieg hat weniger die Grundlagen des Kriegsrechts als vielmehr die des Neutralitätsrechts erschüttert.“ Helmut James Graf von Moltke und Ernst Schmitz;
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Kapitel 6: Neutralität, UNO, kollektive Sicherheit;
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Dass die Apologeten des – „nun endgültig geschaffenen“ – Systems der „kollektiven Sicherheit“ 1945 die „alte Institution der Neutralität“ für tot erklärten, wird angesichts des „Zeitgeistes“ der unmittelbaren Nachkriegszeit kaum verwundern. Glaubte man doch allgemein, das auf den Trümmern der „Völkerbundsära“ errichtete institutionelle Gefüge der Vereinten Nationen (UNO) mit dem System eines umfassenden Gewaltverbots und der durch die Möglichkeit gemeinsamer Zwangsmaßnahmen gesicherten kollektiven Sicherheit bedeutete eine neue Ära des Rechts und des Friedens. Man bräuchte nur die Protokolle der ILA-Tagung von Cambridge 1946 zu lesen um dieses allgemein herrschende Gefühl des Aufbruchs zu neuen Ufern zu erspüren. … Mit Art. 2 (4) UN-Charta sei nicht nur ein universelle Gültigkeit beanspruchendes Gewaltverbot in Kraft, das auch Nicht-Mitglieder der UN-Charta binde. Gleichzeitig sei mit dem Sicherheitsrat ein Organ geschaffen worden, dass autorativ über das Vorliegen einer völkerrechtswidrigen Aggression entscheide und diesen Rechtsbruch in der Folge auch mit kollektiven Zwangsmaßnahmen ahnde. In dieser „neuen“ Völkerrechtsordnung, die auf der Solidarität aller gegenüber dem Angreifer gegründet sei, könne für einen Status der Neutralität kein Platz mehr sein. Eine „Haltung“ der Neutralität sei mit den Verpflichtungen aus UN-Charta unvereinbar.
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„Zeitgeist“: Der Gedanke von der grundsätzlichen Unvereinbarkeit des Institutes der Neutralität mit dem modernen Völkerrechtssystem der U.N.-Charta behielt eine umfangreiche Anhängerschafft und wurde bis weit in die sechziger Jahre hinein in einer staatlichen Anzahl von Lehr- und Handbüchern, Monographien sowie Aufsätzen propangiert.
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Korea-Krieg und U.N.-Resolution „Uniting for Peace“;
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Art. 51: Prinzip der Verhältnismäßigkeit;
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Beseitigung des Kriegs als „soziales/gesellschaftliches“ Phänomen;
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seit 1945,gab es keinen einzigen Fall der formellen Kriegserklärung;
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Krieg = Militarisierung der politischen- und völkerrechtlichen Beziehungen, die Ersetzung der politisch-diplomatischen Einwirkung; Einsatz begrenzter oder umfassender militärischer Mittel;
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Genfer (Humanitäre-) Kriegsrecht;
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Haager Kriegsführungsrecht;
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Helsinki-Resolution von 1985: Bewaffneter Konflikte;
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Völkerrechtliches Fremdenrecht: Die Befugnis, Staatsangehörige des „Feindstaates“ zu internieren und das Vermögen der feindlichen Ausländer zu beschlagnahmen, ist nur mit dem Kriegszustand zu begründen. Zwar enthält die IV. Genfer Konvention auf alle „bewaffneten Konflikte“ anwendbare Bestimmungen über die Durchführung derartiger Internierungsmaßnahmen, ob sich daraus allerdings eine Befugnis ergibt, auch außerhalb des Kriegszustande, in (beschränkten) Konflikten, die die friedensvölkerrechtlichen Beziehungen grundsätzlich unberührt lassen, derartige Internierungen durchzuführen, ist mehr als fraglich. Die Genfer Konventionen wollten ja gerade nur die – unter humanitären Gesichtspunkt entscheidenden – praktischen Modalitäten der Durchführend regeln, nicht aber die Befugnis zum Rückgriff auf derartige Maßnahme auf alle „bewaffneten Konflikte“ ausdehnen. Mit diesen kriegsrechtlichen Befugnissen bestehen somit schon brauchbare Anhaltspunkte für einen Kriegsführungswillen;
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Krieg – Kriegsführungswillen – Kriegserklärung;
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Objektive Kriegserklärung vs. subjektiver Kriegszustand;
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Der Korpus an Regeln für das Handeln Kriegsführender wie Neutraler, der das grundsätzlich zwischen Kriegführenden und nicht in den Krieg verwickelten Dritten weitergeltende Friedensvölkerrecht in wichtigen Sachfragen überlagert, ist in seiner Anwendbarkeit grundsätzlich an das Vorliegen eines Kriegszustandes geknüpft. Zwar können Drittstaaten auch außerhalb des Kriegszustand ihre Neutralität erklären; dieser durch einseitigen Rechtsakt auf sich genommene Status, mit dem der entsprechende Drittstaat sich dem für die Neutralität konstitutiven Bündel von Pflichten und Rechten unterwirft, hat aber keinerlei Auswirkungen auf die Qualifikation des Konfliktes selbst.
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„Die „neue“ Weltordnung sei gar nicht so perfekt, jedenfalls „nicht perfekt genug“ um „kollektive Sanktionen“ für alle Fälle zur Anwendung zur bringen. Die Neutralität werde deshalb als Institut der Staatenpraxis weiter fortbestehen.“ Paul Guggenheim, 1946, ILA-Konferenz;
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Kapitel 7: Krieg und Neutralität in der Staatenpraxis seit 1945, Indische Teilung und Indisch-Pakistanischer-Konflikt, Israel-Palästina-Konflikt, Korea-Krieg, Suez-Konflikt, West-Irian-Konflikt, Indisch-Chinesischer-Konflikt, Vietnam-Krieg, Beschränkte Konflikte, Ogaden-Konflikt, Falkland/Malvinas-Konflikt, Golfkrieg(e), Grenzkonflikte und militärische Interventionen
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Kapitel 8: Die Rolle der Neutralität im Völkerrecht der Gegenwart: „neue“ Völkerrechtslehre, Neutralität und sog. „Nicht-Kriegsführung“
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Kapitel 9: Der Waffenhandel der Gegenwart – Ein Problemaufriss: Rüstungstransfers im Wandel, Rüstungswirtschaft im Wandel, Waffenhandel im Spannungsfeld von Pazifismus und Aufrüstung, Rüstungsfirmen als „Instrument“ des „Systemkampfes“, Pluralisierung der Rüstungsmärkte
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Kapitel 10: Nationale (Staatliche-) Rüstungsexportkontrollen: USA, Frankreich, Großbritannien, BRD, Italien, Schweden, Schweiz, Österreich, Brasilien, Israel
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Kapitel 11: Das neutralitätsrechtliche Verbot von Waffenlieferungen: Privater Handel und staatliche Kontrolle – ein Problem der Staatenverantwortlichkeit, Duldung, staatliche Komplizenschaft, Primärregel, Staatsunternehmen, Verdeckte Operationen, Tarn-Unternehmen,
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Kapitel 12:Der Begriff der „Waffe“ im Neutralitätsrecht
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Kapitel 13: Sonstige Rüstungsgüter, Dual-Use-Items, Ersatzteile
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Kapitel 14: Endverbleibskontrolle und Re-Exportbeschränkungen,
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Kapitel 15: Technologietransfer und Lizenzfertigung
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Kapitel 16: Probleme/Problematik der Rüstungskooperation
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Kapitel 17: Zusammenfassung - Ausblick
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Die Neutralitätsregeln des „klassischen“ Völkerrechts sind ein Produkt (Ergebnis) der bürgerlich-liberalen (Staaten-)Gemeinschaft des 19. Jahrhunderts.
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Erst mit dem völkerrechtlichen Gewohnheitsrecht des mittleren und späten 19. Jahrhundert hatte sich ein klares Gefüge von Regelungen über Rechte und Pflichten der Neutralen entwickelt. Zu verstehen sind diese Regeln, insbesondere die Normen über die Freiheit des neutralen Handels und das (ausnahmsweise) Verbot der Lieferungen von Waffen durch neutrale Republiken (Staaten), nur auf dem Hintergrund der für diese Epoche selbstverständlichen Trennung von Staat und Gesellschaft.
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Mit der V. und XIII. Hager Konvention von 1907 bemühte sich die (Staaten-, Welt-) Gemeinschaft recht früh um eine Kodifikation des Neutralitätsrechts. Der Kodifikationsversuch der II. Haager Friedenskonferenz war allerdings nur sehr bedingt erfolgreich. Festgeschrieben wurden in den Konventionen im Kern nur die – schon seit langem nicht mehr umstrittenen – Grundregeln der gewohnheitsrechtlichen Neutralität. …Die äußerst strikte Allbeteiligungsklausel des Art. 20 der V. und Art. 28 der XIII. Konvektion, sorgten dafür, dass die Konventionen praktisch nie als Vertragsrecht Anwendung finden konnten. Die Bedeutung der beiden Haager Neutralitätskonventionen als Rechtsquelle sollte deshalb nicht überschätzt werden, schaffen sie doch nicht aus sich heraus anwendbares Recht, sondern spiegeln nur das Gewohnheitsrecht ihrer Entstehungsepoche wider, bilden somit allenfalls eine (sekundäre) Quelle zur Feststellung des geltenden Gewohnheitsrechts.
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Mit dem ersten Weltkrieg geriet die Institution der Neutralität in eine schwere Krise: Die Totalisierung des „modernen“ Krieges, insbesondere des Wirtschaftskrieges gegen das volkswirtschaftliche Potential des Gegners zerstörte die politischen Grundlagen der „klassischen“ Neutralität. Dementsprechend wurde nach 1918 vielerorts des „Ende“ der Institution der Neutralität verkündet. Das Konzept der „kollektiven Sicherheit“ hatte scheinbar mit dem Völkerbundsystem eine neue Ära der Solidarität der Staatengemeinschaft geschaffen, in der für den Gedanken der Unparteilichkeit und der Enthaltung von militärischen Konflikten kein Platz mehr zu sein schein. In der Staatenpraxis der sog. „Zwischenkriegszeit“ jedoch erwies sich das Institut der Neutralität als äußerst zählebig, und mit dem offensichtlichen Versagen des Systems der „kollektiven Sicherheit“ Mitte der dreißiger Jahre erfuhr das Neutralitätsrecht eine Renaissance in der Theorie, die Allerdings mit den Konzepten der „differentiellen Neutralität“ und der „Nicht-Kriegsführung“ deutliche Spuren der vorhergehenden Diskussion bewahrte.
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Das Ende des sog. „Zweiten Weltkrieges“ und die Errichtung der Vereinten Nationen (UNO) brachten zunächst eine Wiederholung der Euphorie, die mit der Idee der „kollektiven Sicherheit“ zu verbinden ist; „kollektive Sicherheit“ und „Solidarität“ der (Staaten-)Gemeinschaft schienen nun „endgültig“ verankert, die Schwächen des Völkerbundes überwunden. Nicht nur die anfängliche Euphorie, auch das allmähliche Erwachen glich der Entwicklung der sog. „Zwischenkriegszeit“. Die „kollektive Sicherheit“ stand auf tönernen Füßen, denn die „Solidarreaktion“ der Staatengemeinschaft war durch das Patt der Supermächte im Sicherheitsrat blockiert.
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